WARUM ES UNS IN DIE FERNE ZIEHT

Der britische Reiseschriftsteller und Humorist Tim Moore meint, dass einige von uns dazu geschaffen sind, Grenzen zu überwinden

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass jeder Vierte von uns eine Variante des Dopamin-Rezeptors im Chromosom 11 besitzt: DRD4-7R. Besser bekannt als das Abenteuer-Gen. Menschen mit dieser Genvariante suchen öfters nach außergewöhnlichen Erfahrungen oder besonders spannenden Berufen.

Viele Träger der 7R-Variante haben einen Hang zu besonders stressigen oder risikoreichen Berufen, wie beispielsweise Piloten und Unternehmer. Diejenigen mit weniger riskanten Jobs verbringen ihre Freizeit dafür gerne mit risikoreichen Aktivitäten wie Eisklettern oder Basejumping. 

Ihren Angehörigen mag das möglicherweise leichtsinnig und egoistisch erscheinen, aber als menschliche Spezies haben wir ihnen viel zu verdanken. Heute hält man sie für die Pioniere, die den Horizont der Menschheit erweitert haben. DRD4-7R wird auch das „Abenteuergen“ genannt: die Neugierde, die es mit sich bringt, veranlasste unsere Vorfahren Afrika zu verlassen und die Welt zu besiedeln. Wer das 7R-Gen in sich trägt, denkt außerhalb vorgegebener Bahnen und begibt sich ins Ungewisse. Nehmen Sie z. B. den bemerkenswerten Ernest Shackleton, der 1915 tausende Kilometer von sicherem Land entfernt im antarktischen Packeis festsaß, als dieses sein Expeditionsschiff zerdrückte. Es war ein Wettlauf um Leben und Tod, bei dem Shackleton seine gesamten Fähigkeiten als Expeditionsleiter unter Beweis stellen musste. Mit seiner Crew baute er ein Rettungsboot aus Treibholz, das sie mit Robbenblut wetterfest machten. Wie durch ein Wunder kehrten alle sicher nach Hause zurück. 

Dank Menschen wie Shackleton haben wir es in 50.000 Jahren geschafft, die gesamte Oberfläche unseres Planeten zu erobern. Mit dem Erforschen haben sie aber quasi erst begonnen. Der ferne Weltraum sollte sie noch eine Weile vor allzu größerem Übermut bewahren. In der Zwischenzeit können sie vielleicht unsere Wissenslücken auf der Erde durch ihre Neugierde und Abenteuerlust schliessen. 

Als Marvin Zuckerman, der Wissenschaftler, der das Abenteuergen isolierte, sein eigenes Genom sequenzieren ließ, fand er heraus, dass er das 7R-Gen besitzt. Zuckerman sah sich nie als typischen Abenteurer, erkannte dann aber, was ihn bei seiner eigenen Reise ins Ungewisse antrieb: der Drang unseren Drang zum Forschen zu erforschen.